Mitten in der Nacht während des Wochenenddienstes ging beim Tierarzt Ids de Boer das Telefon. Es wurde wegen einer Friesenstute angerufen, die in der Geburt war. Der Besitzer war ziemlich besorgt, die Stute presste seit ungefähr zehn Minuten regelmäßig aktiv, aber das Fohlen kam nicht so recht vorwärts, wohl waren bereits die Fruchtblase und ein kleiner Huf sichtbar. De Boer wies sie an, dass sie der Stute am besten im Stehen helfen könnten, während er sich schnell ankleiden würde und sie dann vom Auto aus wieder anrufen würde.
Abweichende Lage
Es stellte sich heraus, dass die Besitzer nur die Fruchtblase und einen Huf gesehen hatten, sie hatten sich nicht getraut, zu fühlen. Mit etwas Anweisung würden sie es wohl versuchen wollen. Auf telefonischen Rat von De Boer bandagierten die Besitzer zuerst rasch den Schweif und wuschen darauf die Vulva der Stute und ihre Hände schön sauber. Danach konnten sie mit Gleitmittel auf ihren Händen vorsichtig zu tasten beginnen. Da die Stute wieder auf die Beine gekommen war, war das Fohlen wieder etwas tiefer in den Bauch gesackt. Im Beckenkanal fühlte der Besitzer schon bald ein Bein und auch den Kopf des Fohlens, das zweite Bein war tatsächlich nicht zu fühlen, obwohl es normalerweise auch auf Höhe des Kopfes liegen sollte.
Geburtsstricke
Fünfzehn Minuten später war De Boer vor Ort, um direkt die Lage des Fohlens zu bestimmen. Es stellte sich tatsächlich heraus, dass eines der beiden Beine nicht richtig lag. Das zweite Bein lag nicht gestreckt, sondern im Karpalgelenk (Vorderknie) gebeugt. Ids de Boer sagt: „Vor der Lagekorrektur des Fohlens habe ich zunächst einen Geburtsstrick an das Bein, das richtig lag, angelegt, danach das Fohlen noch etwas tiefer in die Gebärmutter zurückgeschoben und dann das zweite Bein wieder aufgesucht. Vom Karpalgelenk ging ich Richtung Huf auf die Suche, den konnte ich zum Glück relativ leicht lokalisieren und ihn vorsichtig Richtung Beckenkanal führen, wodurch er so zu liegen kam, wie es sein soll. Dann konnte auch an diesem Bein ein Geburtsstrick angebracht werden.“
Froh über das Hengstfohlen
Durch vorsichtigen Zug am Fohlen bekam die Stute auch rasch wieder starke Wehen und legte sich nieder. Glücklicherweise hatte das Fohlen trotz des verzögerten Geburtsablaufs einen guten Start ins Leben; es atmete und fing auch schon sehr schnell an, sich zu bewegen und den Kopf zu heben. „Weil wir unter den Schweif geguckt haben, wussten wir, dass es ein Hengstfohlen ist, worauf die Besitzer auch gehofft hatten“, so De Boer.
Foto: Glücklicherweise hatte das Fohlen trotz des verzögerten Geburtsablaufs einen guten Start ins Leben. Foto: Marije de Jong