Die erbliche Augenerkrankung Distichiasis ist mit DNA-Tests über die Zucht auszuschließen.
Pferde, die Träger sind, haben keine Probleme, aber das gilt auch für die Mehrzahl der „Erkankten“. Distichiasis zeigt sich nicht immer. Obendrein ist die Augenerkrankung gut zu behandeln. Das KFPS überlegt, wie dies in die Zuchtpolitik einfließen kann.
Distichiasis ist eine erblich bedingte Augenerkrankung, bei der Härchen am Lidrand die Ursache für Schäden an der Hornhaut sein können. Die Härchen irritieren das Auge, wodurch unter anderem übermäßiger Tränenfluss oder Augengeschwüre entstehen können. Eine Universität in Kalifornien (USA) hat einen DNA-Test entwickelt, mit dem bei Pferden festgestellt werden kann, ob sie Träger dieser Erkrankung sind. Bei Friesenpferden kommt Distichiasis häufiger vor, als bei anderen Rassen. Anhand der Forschung geht man davon aus, dass um die 30% der Pferde Träger sind. Vergleicht man das mit 6% Zwergwuchs und 8% Wasserkopf, sollte man erwarten, dass Distichiasis bei vielen Pferden zu Problemen führt. Das ist tatsächlich aber nicht der Fall, und damit zu erklären, dass nur ein kleiner Teil der sogenannten „Erkrankten“ (siehe Schema), nämlich Pferde, die beide ungünstigen Genvarianten haben, auch tatsächlich Augenbeschwerden haben oder bekommen.
Geringe Wahrscheinlichkeit für Distichiasis
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Distichiasis bei “Kranken” entwickelt, ist in der Praxis sehr gering. Damit vererbt sich diese Augenerkrankung völlig anders als Zwergwuchs und Wasserkopf, denn hierbei manifestiert sich das Problem bei den Betroffenen immer und ist sogar tödlich.
Weitere Untersuchungen müssen erbringen, welcher Prozentsatz der Pferde tatsächlich Distichiasis zeigt. Besitzer, die ihre Pferde auf Distichiasis testen lassen, können feststellen, dass ihr Pferd zwar „krank“ ist, aber ihm an den Augen nichts fehlt und es auch keine Probleme bekommen wird. Das Ergebnis des Gentests ist aber dennoch ein Grund, um besonders wachsam hinsichtlich Augenanomalien zu sein.
Entstehung von Distichiasis
Distichiasis ist eine Augenerkrankung mit abnormalem Wimpernwachstum. Die Wimpern wachsen aus kleinen Drüsen – den Meiborn-Drüsen – entlang der Augenlidränder und können ein oder beide Augen befallen. Normalerweise wachsen aus diesen Drüsen keine Härchen (Foto A), sie haben die Funktion Tränenflüssigkeit zu produzieren. Bei Distichiasis (Foto B) wachsen Härchen aus diesen Drüsen. Kommen diese Härchen mit der Hornhaut in Kontakt, kann dies zu Augenproblemen führen. Die Probleme, die auftreten können, reichen von übermäßigem Tränenfluss, Schielen, Hornhautgeschwüren bis hin zur Gefährdung des Sehvermögens. Distichiasis kann gut behandelt werden, indem die Haarfollikel, aus denen die Wimpern wachsen, per Laser entfernt werden.
Wie wird Distichiasis vererbt?
Distichiasis wird autosomal rezessiv vererbt. Dies bedeutet, dass es durch ein Gen bestimmt wird. Dabei ist die Abweichung rezessiv: nur doppelte Träger bekommen Distichiasis. Träger haben kein abweichendes Augenlid. Damit ist die Vererbung vergleichbar mit Wasserkopf, Zwergwuchs und Fuchsfaktor. Bei einer Kombination von zwei Trägern liegt die Wahrscheinlichkeit bei 25%, dass das Pferd Distichiasis bekommt.
Auswahlpolitik
Der Test auf Feststellung von Distichiasis ist inzwischen in Amerika verfügbar. In den Niederlanden arbeitet das Dr. van Haeringen Laboratorium daran, diesen Test auch in den Niederlanden zur Verfügung zu stellen. Das KFPS ergreift die Initiative eine größere Anzahl Pferde zu untersuchen, um festzustellen, inwieweit die erbliche Anomalie bei Friesenpferden vorkommt und welcher Teil der Betroffenen (aa) auch tatsächlich Distichiasis-Beschwerden bekommt.
Zuchtpolitik
Auf der Grundlage weiterer Daten und Informationen wird das KFPS eine Zuchtpolitik festlegen, zum Beispiel für das Testen von Zuchttieren und die Beratung bei der Kombination von Trägern, um Risikopaarungen auszuschließen. Wenn der Anteil an Erkrankten, der eine Distichiasis entwickelt, gering ist, stellt sich die Frage, ob das Ausschließen von Trägern durch einen DNA-Test der richtige Weg ist – so eine der Überlegungen. Vor allem, weil die Erkrankung gut behandelbar ist. Ein DNA-Test ist schon sinnvoll, um betroffene Tiere ausfindig zu machen und so als Besitzer auf die Gesundheit der Augen zu achten.
Die meisten Betroffenen leiden nicht unter Distichiasis
In nebenstehendem Schema ist die Vererbung von Distichiasis dargestellt. Wenn zwei Träger verpaart werden, liegt das Risiko für eine Erkrankung bei 25% (aa), das Risiko auf einen Träger (Aa) bei 50% und bei 25% auf einen Nicht-Träger (AA). Ein wichtiger Unterschied zu anderen autosomal-rezessiven Gendefekten (z.B. Zwergwuchs, Wasserkopf) besteht darin, dass nur ein geringer Prozentsatz der Betroffenen Symptome einer Distichiasis aufweist und auch der Schweregrad variieren kann.
Text: Alice Booij; dt. Übersetzung: A. Einig-Coenen
Fotos: Digishots
Bildunterschrift (Augen A und B): Ein normales Auge (A) und ein Auge mit Distichiasis (B), bei dem Härchen aus den Drüsen am Lidunterrand wachsen