In diesem letzten Teil der Serie Beurteilen – in aller Kürze – nun die Exterieurbeurteilung und das Prädikate-System von dreijährigen und älteren Friesenpferden. Wie bestimmt die Jury die Bewertungen, und welche Prädikate sind damit verbunden? Wann wird eine Stute Kroon oder Model? Und wann wird ein Pferd nicht ins Stammbuch aufgenommen?
Friesenpferde, die zur Stammbuchaufnahme oder Graderhöhung vorgestellt werden, bekommen von der Exterieurjury eine Bewertung in Zahlenform für die fünf Merkmale: Rassetyp, Bau, Beinwerk, Schritt und Trab.
Bewegung zählt doppelt
Die Merkmale werden nicht alle gleich stark beziffert. Es wurde vereinbart, dass die Bewegungs-Teilbereiche gegenüber den Exterieur-Teilbereichen doppelt zählen, entsprechend dem Zuchtziel, bei dem die sportliche Eignung eine wichtige Rolle spielt. Letztlich beurteilt die Jury pro Merkmal, inwieweit das Pferd dem im Zuchtziel beschriebenen Idealbild entspricht. Dabei wird das Alter des Pferdes berücksichtigt. Man könnte das Geben von Zahlen damit vergleichen, eine Messlatte entlang des Pferdes zu legen. Die Skala reicht von 4 bis 9 entlang der verschiedenen Merkmale, wobei eine 9 das ideale Zuchtziel darstellt und eine 4 für die Stammbuchaufnahme nicht akzeptabel ist. Es wurde vereinbart, dass eine 6,5 für den Rassedurchschnitt steht.
Prädikat ist Belohnung
Nur indem man jährlich viele Pferde beurteilt, erhält man ein Bild vom Durchschnitt der Friesenrasse. Natürlich verschiebt sich dieser Durchschnitt im Laufe der Jahre, wenn man davon ausgeht, dass in der Zucht Fortschritte gemacht werden. Zum Beispiel wird eine 6,5, die vor zwanzig Jahren gegeben wurde, qualitativ nicht mehr mit einer aktuellen 6,5 übereinstimmen. Die Pferde, die weit über dem Rassedurchschnitt liegen, werden mit einem Prädikat belohnt, das anzeigt, dass es sich um die Pferde handelt, mit denen wir weiterzüchten wollen. Aber der zusätzliche Wert eines Pferdes braucht nicht nur in Prädikaten sichtbar zu sein, er kann natürlich auch aus einer niedrigen Verwandtschaft stammen, guten sportlichen Leistungen oder Zuchtleistungen.
Zusammenhang zwischen Zahlen und Prämierung
Es besteht ein Zusammenhang zwischen den Zahlen, die das Pferd bekommen hat, und der Prämie. Je höher der gewichtete Durchschnitt der Zahlen ist, desto höher das Prädikat. Der gewichtete Durchschnitt wird wie folgt berechnet: [Zahl Rassetyp + Zahl Bau + Zahl Beinwerk + (2x Zahl Schritt) + (2x Zahl Trab)] geteilt durch 7. Zusätzliche Regeln für die Prämierung sind: wenn ein Pferd irgendwo mit einer 4 oder zwei Mal mit einer 5 abschneidet, dann wird es nicht ins Stammbuch aufgenommen und bleibt Fohlenbuch. Wenn ein Pferd irgendwo mit einer 5 abschneidet, kann es nicht Ster erklärt werden. Für die Ster-Erklärung gilt weiter, dass ein Pferd im Schritt oder Trab mindestens mit einer 6,5 abschneiden muss.
Man könnte den Eindruck erhalten, dass die Körung von Pferden ein rein zahlenmäßiges Geschehen ist. Wir betonen, dass die Jury letztendlich das Körungsergebnis bestimmt und die Zahlen dabei ein Hilfsmittel sind.
Natürlich müssen die Zahlen letztlich schon mit der vergebenen Prämie übereinstimmen.
Aufnahme oder nicht, die Exterieurjury hat unter anderem die Aufgabe, die Qualität der Friesenpferderasse zu überwachen. Zur Aufnahme ins Stammbuch und/oder Prämierung müssen Pferde deshalb zumindest gewisse Qualitätsansprüche erfüllen. Hat ein Pferd bei einem oder mehreren Merkmalen eine 4 erhalten, so wird es nicht aufgenommen. Auch wenn ein Pferd mit zwei oder mehr Fünfen abschneidet, ist eine Aufnahme nicht möglich.
Mitnahme von Zahlen aus ABFP/IBOP
Beim Kören von Pferden werden Daten über die Grundgangarten aus einer Leistungsprüfung (ABFP oder IBOP) positiv mitgenommen. Das beinhaltet, dass eine etwas schlechtere Vorstellung der Bewegungen an der Hand in der Körungsbahn von den Zahlen für Schritt und Trab aus einem Eignungstest ‚aufgehoben‘ werden können, da diese näher am Gebrauchsziel liegen. Das Pferd muss an der Hand natürlich regelmäßig sein und darf keinen unkorrekten Bewegungsablauf haben. Achtung: Sportergebnisse wie Dressur- oder Fahrleistungen werden in die Exterieurbeurteilung nicht mitgenommen.
Körungsprädikate
Stuten können bei Körungen für drei Prädikate in Betracht kommen, nämlich das Ster-, Kroon-, und Model-Prädikat, die jeweils auch eine ‚vorläufige‘ Variante kennen.
Ster
Das Sterprädikat kann ab dem Jahr, in dem die Stute drei Jahre alt wird, zuerkannt werden. Die Ster-Erklärung kann auf einer Körung zugleich mit der Stammbuchaufnahme erfolgen, oder bei einer Körung zur Graderhöhung. Um für das Sterprädikat in Betracht zu kommen, muss eine Stute mindestens eine erste oder zweite Prämie erhalten und die Stockmaßforderung (mindestens 1,56 Meter) erfüllen.
Vorläufig Ster
Auch kann ein Pferd von vier Jahren oder älter, das exterieurmäßig voll befriedigt, in der Bewegung an der Hand aber nicht ausreicht, Vorläufig Ster erklärt werden. Das Körungsergebnis lautet dann: Stammbuch dritte Prämie mit dem Vermerk Vorläufig Ster. Eine Leistungsprüfung (ABFP oder IBOP) mit darin einem Durchschnitt von mindestens 6,7 für den Schritt und Trab ist dann ausreichend, um das Sterprädikat definitiv zu verleihen.
Kroon
Das zweite Prädikat, für das Stuten von mindestens drei Jahren und 1,58 Meter Stockmaß in Betracht kommen können, ist das Kroonprädikat. Es geht um bessere Sterstuten, die auf einer regulären Körung eine erste Prämie erhalten haben und von der Jury zu einer zweiten Beurteilung aufgerufen wurden: die Kroonerklärung. Hierbei spielt auch die Sportveranlagung eine wichtige Rolle: zur definitiven Verleihung diese Prädikats muss die Stute eine Leistungsprüfung absolvieren: einen IBOP- oder ABFP-Test. Die Punktzahl beim Test muss mindestens 77 Punkte (AA) sein, mit einem Durchschnitt von mindestens 7 für die drei Grundgangarten Schritt, Trab und Galopp, und keiner Punktzahl niedriger als 6 für eine der Grundgangarten.
Kroonerklärung
Für die Kroonerklärung gilt, dass das Exterieur (Rassetyp, Bau und Beinwerk) im Prinzip einer ersten Prämie würdig sein muss (also mindestens eine 7,5 im Durchschnitt). Exterieur und Bewegung werden hier im Gegensatz zur regulären Körung voneinander getrennt beurteilt. Wenn kein Testergebnis vorliegt, dann muss die Bewegung an der Hand auch einer ersten Prämie würdig sein. Nur ein
AAA-Testergebnis (82 Punkte oder mehr) kann eine kleine Unzulänglichkeit im Exterieur ausgleichen. Dies unterscheidet also von der Verleihung einer ersten Prämie auf Stammbuchkörungen und Zuchtschauen, wo die Bewegung an der Hand (die dann doppelt zählt) ein etwas weniger schönes Exterieur kompensieren kann. Solange die von der Jury nominierte Stute noch keinen IBOP- oder ABFP-Test abgelegt hat, erhält sie den Titel Vorläufig Kroon.
Model
Die besten siebenjährigen oder älteren Ster- und Kroonstuten in der Population kommen für ein Modelprädikat, das höchste Exterieurprädikat, in Betracht. Auch hier geht es um Ansprüche an Exterieur, Bewegung und Sportveranlagung. Außerdem spielt die Beständigkeit hier eine große Rolle. Das Mindestalter, um für eine Modelerklärung in Betracht zu kommen, ist sieben Jahre, die Stute muss mindestens ein Fohlen gesäugt haben und ein Stockmaß von 1,60 Meter oder mehr haben. Für die definitive Verleihung des Modelprädikats muss die Stute mit gutem Erfolg (mindestens AA) einen IBOP- oder ABFP-Test ablegen oder ein Sportprädikat erlangen.
Modelerklärung
Ebenso wie für die Kroonerklärung gilt auch für die Modelerklärung, dass dies eine gesonderte Beurteilung ist. Exterieur und Bewegung werden hierbei voneinander getrennt beurteilt. Da das Modelprädikat das höchste Exterieurprädikat ist, werden an das Exterieur noch weniger Zugeständnisse gemacht. Wie gesagt, spielt auch die Beständigkeit in sowohl Exterieur als auch Bewegung eine große Rolle. Die Modelstuten sind schließlich die ‚Crème de la crème‘ der Friesenstuten.